Vorwort zum Frankreichfeldzug

Aus 57.Infanterie-Division
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Ein Vorwort zum Frankreichfeldzug

Drôle de guerre
(Der komische Krieg)

Die Kriegserklärung Frankreichs am 3.9.1939 gegenüber dem Deutschen Reich erfolgte nur widerwillig und aufgrund

eines gewissen Drucks der verbündeten Briten.

Vom 3.9.1939 bis zum 10.5.1940 (Beginn des Frankreichfeldzugs) herrschte an der französisch / deutschen Front relative Ruhe. Die Deutschen saßen am Westwall und die Franzosen an der Maginot-Linie. Es gab außer einigen Scharmützeln keine richtigen Kampfhandlungen. Diesen „komischen Krieg“ nannten die Franzosen „drôle de guerre“.

Hitler hatte damals noch kein Interesse, Frankreich anzugreifen. Die Franzosen waren auf Grund der hohen Verluste

des 1. Weltkriegs kriegsunwillig. Durch den Blutzoll des 1.Weltkriegs gab es in Frankreich 1939 300.000 Männer zur Verteidigung Frankreichs weniger als 1914. Es fehlten die ungeborenen Söhne jener Männer, die 1914/1918 beim Sturm auf die deutschen Linien gefallen waren. Im Übrigen hatte Frankreich immer noch unter den wirtschaftlichen Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1929 zu leiden. Die französische Wirtschaft erreichte bis zum 2. Weltkrieg nicht mehr den Stand von 1930.

Die Schwächen der französischen Wirtschaft: Die Stahlerzeugung ging um 40 Prozent zurück, Aluminiumproduktion und Wohnungsbau um 50 Prozent, die Automobilerzeugung verminderte sich um 35 Prozent. Schwer getroffen wurde der Außenhandel: Die Importe sanken um 60 Prozent, die Exporte um 70 Prozent. Banken, große Transportunternehmen und Industriekonzerne machten Bankrott. Nach alledem war die wirtschaftliche Situation im Frankreich des Jahres 1940 schlechter als im damaligen Deutschland.

Damals machte ein französischer Ausspruch: „Mourir pour Danzig?“ (Sterben für Danzig?) die Runde. Gelegentlich kam es an der Front zu Spähtruppunternehmen und die sprichwörtliche Ruhe wurde nur mitunter durch Lautsprecherpropaganda gestört. Die Franzosen hatten 1939/1940 keine große Lust, sich von ihrem Verbündeten (Großbritannien) in einen Krieg hineinziehen zu lassen. Len Deighton beschreibt in seinem Buch "Blitzkrieg" die Moral der französischen Truppen in den Jahren 1939/40 wie folgt:

"...Untätigkeit, Propaganda und Trunksucht sind als die 3 Hauptgründe für den Verfall der Moral innerhalb der französischen Armee des Jahres 1940 genannt worden. Der Alkoholismus in der Truppe nahm derart zu, dass die französische Eisenbahn gezwungen war, auf den Bahnhöfen für Ausnüchterungszellen zu sorgen...."

Die Wehrmacht führte während des "drôle de guerre" regelmäßige Vorstöße durch, wobei immer wieder gegnerische Vorposten gefangen genommen wurden. Die Wehrmacht machte 3.000 Gefangenen, die franz. Armee jedoch nur 100 bei ähnlichen Spähtruppunternehmen.

Überprüfungen der franz. Feldpost ergaben damals, dass die Mannschaften zwar den Befehlen folgten, im Übrigen aber keine große Kriegsbegeisterung zeigten. Die Unterkünfte - vor allem in der Maginotlinie - waren fast durchwegs nicht zufriedenstellend. Die Verpflegung war aber überreichlich. Die Offiziere der franz. Armee hielten Luxusmahlzeiten ab. Stabsoffiziere und die Generalität machten sich gegenseitig die Meisterköche der Pariser Luxusrestaurants streitig. Das war in der Tat ein "komischer Krieg" und allmählich waren viele Mannschaftsdienstgrade davon überzeugt, dass sie demobilisiert würden, ohne einen Schuss getan zu haben.


Man kann sich heute mit einer gewissen Berechtigung die Frage stellen, was passiert wäre, wenn Hitler den Krieg gegen Frankreich am 10.5.1940 nicht begonnen hätte. Vermutlich hätte der „drôle de guerre“ noch erheblich länger gedauert!

Am 27. September 1939 erließ Hitler den Befehl, einen Angriffsplan, den so genannten „Fall Gelb“, für den Westfeldzug auszuarbeiten. Bereits im Oktober 1939 wurden die fertigen Angriffspläne Hitler vorgelegt.

Obwohl Hitler den Krieg im Westen unter allen Umständen noch im Jahre 1939 beginnen wollte, konnte dies wegen schlechter Witterungsbedingungen in den Monaten November/Dezember 1939 nicht mehr realisiert werden. Im Übrigen waren durch den Polenfeldzug erhebliche Verluste an Kampfflugzeugen und Panzern entstanden. Dies waren Gründe, um den Beginn des Feldzuges immer wieder zu verschieben.

französische Soldaten - während des "drôle de guerre" / 1939



Quellen

Len Deighton "Blitzkrieg" - dt. Ausgabe 1980, Hestia-Verlag, Bayreuth, ISBN 3-7770-0208-9

Raymond Cartier "Der Zweite Weltkrieg", Band I, Lingen-Verlag Köln, 1967

Autor

Danke an Albert Riß für diesen Beitrag.