Vorwort zum Polenfeldzug

Aus 57.Infanterie-Division
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Ein Vorwort zum Polenfeldzug



Letztmals am 25./26. Januar 1939 war Warschau mit Hakenkreuzfahnen zu Ehren Ribbentrops geschmückt, der den Besuch des polnischen Außenministers Beck bei Hitler erwiderte.

Knapp 2 Monate später erhob Ribbentrop gegenüber dem polnischen Botschafter die Forderung nach Rückgabe Danzigs und einen exterritorialen Durchgang durch den Korridor. Polen lehnte ab. Bereits im Frühjahr 1939 begann etappenweise die polnische Mobilmachung. Studenten warfen in Warschau die Fenster der deutschen Botschaft ein und schrien: „ nach Berlin!“ Der polnische Kriegsminister Kasprzicki erklärte großspurig: „ Wir denken nicht daran, uns nach Ratschlägen zu richten. Nichts davon werden wir tun. Wir kennen nur die Offensive, und im Angriff werden wir siegen!“


Wege zum Krieg

Am 25.3.1939 erteilte Hitler dem Oberbefehlshaber des Heeres die Weisung, „die polnische Frage zu bearbeiten“. Am 3. April 1939 gab das OKW Befehl, „den Fall Weiß mit Nachdruck zu bearbeiten, daß die Durchführung ab 1.9.1939 möglich ist“.

Die Einzelheiten zur Kriegsführung gegen Polen wurden den Oberbefehlshabern der Teilstreitkräfte in einer Besprechung am 23. Mai 1939 mündlich mitgeteilt.

Nach dieser Besprechung liefen dann die gestaffelten und nicht öffentlich bekannt gemachten Teilmobilisierungen an. Das organisatorisch gut vorbereitete Kriegsheer wurde im Rahmen dieser Maßnahmen relativ unauffällig auf Stärke gebracht.

Teil dieser Mobilisierungsmaßnahmen war auch die Aufstellung der 57. ID als Division der 2. Welle in Landshut am 27. August 1939. Kurz vor Kriegsbeginn wurden auch viele weitere Divisionen der 2. Welle aufgestellt.

In den letzten 4 Monaten vor Kriegsausbruch gehörten die Vereidigungen von Soldaten neuer Truppenteile zum militärischen Alltag.

Auch wenn die Zivilbevölkerung ab Mai 1939 von diesen Kriegsvorbereitungen wenig mitbekam, die Berufssoldaten der Wehrmacht (Offiziere und Unteroffiziere) erkannten sehr wohl, dass ein baldiger Krieg gegen Polen bevorstand.


1. September 1939

Am 1.9.1939 eröffnete das am Vorabend in Danzig eingelaufene Linienschiff Schleswig-Holstein das Feuer auf die polnische Enklave Westerplatte. Der 2. Weltkrieg hatte begonnen. Hitler ging davon aus, dass England und Frankreich ihn gewähren ließen. Er fühlte sich sehr sicher, zumal er ja Tage zuvor ein Geheimabkommen mit Stalin abgeschlossen hatte.

Noch am 1.9.1939 sprach Hitler im Rahmen einer Sondersendung des Rundfunks zur Bevölkerung.
Er führte u. a. aus ".....seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen. Von jetzt ab wird Bombe mit Bombe
vergolten!" Hitler vermied ausdrücklich in seiner Rundfunkrede das Wort "Krieg". Was der Beginn des Angriffs betraf, unterlief ihm ein Fehler. Der Krieg hatte bereits um 4 Uhr 45 begonnen!

Am 1.September 1939 um 4 Uhr 45 griffen 5 deutsche Armeen Polen im Norden, Westen und Süden an. Um 6 Uhr wurde Warschau ohne jede vorherige Warnung bombardiert. Die deutschen Luftangriffe führten zu einer fast vollständigen Vernichtung der polnischen Flugzeuge am Boden. Angriffsziele am ersten Kriegstag waren auch Eisenbahn- und Straßenverbindungen, um die Bewegungsmöglichkeiten der polnischen Armee einzuschränken.


Linienschiff Schleswig-Holstein nach Umbau 1925/26 - am Topp des Hauptmastes die Dienstflagge eines Vizeadmirals.
Die Ernüchterung kam am 3.9.1939. Der britische Botschafter Henderson überreichte in der Staatskanzlei ein Ultimatum, das lautete: Einstellung der Kampfhandlungen durch das Deutsche Reich oder Kriegserklärung des Vereinigten Königreiches. Hitler war wie versteinert als er dies erfuhr und fragte Ribbentrop: „Was nun?“. Ribbentrop erklärte, dass auch mit der Kriegserklärung Frankreichs zu rechnen sei und das traf dann auch zu.


Görings Haltung zum Krieg gegen Polen

Göring erhob gegenüber Hitler Einwendungen, was den Polenfeldzug betraf. Er befürchtete - und das bewahrheitete sich auch -, dass der Einmarsch in Polen einen Weltkrieg zur Folge haben könnte. Hitler ließ sich aber in keiner Weise umstimmen bzw. beeinflussen.

Göring hatte seit 1933 - wohl auch in seiner Eigenschaft als Reichsjägermeister - gute Kontakte zum polnischen Außenminister Beck aufgebaut. Zum damaligen polnischen Botschafter in Berlin (Lipski) pflegte er bei gemeinsamen Jagdausflügen in der Rominter Heide ein fast freundschaftliches Verhältnis. Regelmäßig wurde Göring vor 1939 zu Jagden nach Polen (Bialystoker Forst) eingeladen. Dabei führte er auch mehrmals Gespräche mit dem 1935 verstorbenen polnischen Staatspräsidenten Marschall Pilsudski. Auch aufgrund seiner Kontakte zu den genannten polnischen Persönlichkeiten - und vielleicht wegen eines grundsätzlichen Faibles für Polen - war Göring gegen den Polenfeldzug. Noch Tage vor dem Angriffstag schlug er Hitler nochmalige Verhandlungen mit Großbritannien vor. Göring war im Übrigen gegen den Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes. Aber Göring war schon damals eine "Nummer zu klein", um mit seinem Ansinnen bei Hitler Gehör zu finden.

Überliefert ist die Aussage Görings vom Abend des 3.9.1939: „Wenn wir diesen Krieg verlieren, dann möge uns der Himmel gnädig sein!"

Aber auch der polnische Außenminister Jozef Beck scheiterte in seinem Bemühen, ein politisches Gleichgewicht zwischen dem Deutschland und der Sowjetunion herzustellen. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges bedeutete letztendlich ein Versagen seiner Außenpolitik. Zu oft hatte er zwischen einer Annäherung an Deutschland, dann wieder an die Sowjetunion und schließlich an die Westmächte geschwankt. Und eben diese wechselvolle Politik war für Polen alles andere als vorteilhaft.

Göring und der ponische Außenminister Oberst Beck

Quellen

(unter Verwendung von Auszügen aus dem Buch „Der Zweite Weltkrieg“, von Raymond Cartier, dt. Ausgabe von 1967/Lingen-Verlag)

Autor

Danke an Albert Riß für diesen Beitrag.